Die Kampagne NS-Verherlichung stoppen erinnert an die bulgarische Partisanin Violeta Yakova die vor 80 Jahren ermordet wurde. Erstveröffentlichung in nd.DerTag
Sie wurde nur 21 Jahre alt. Am 18. Juni 1944 geriet die bulgarische Partisanin Violeta »Ivanka« Yakova in eine Schießerei mit der Polizei. Sie wurde gefangen genommen, gefoltert und noch am selben Tag hingerichtet – drei Monate vor der Befreiung Bulgariens durch die Rote Armee.
Die sephardische Jüdin wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf, musste mit 14 bereits ihr Brot selbst verdienen, war zunächst Hilfsarbeiterin in einer Tabakfabrik und zog dann, 1939, im Jahr, als Hitlerdeutschland den Zweiten Weltkrieg entfachte, nach Sofia, um dort als Näherin zu arbeiten. Um sich gegen die ungerechten Verhältnisse in ihrer Heimat und die auch hier erstarkenden faschistischen Kräfte und deren Kumpanei mit den Nazideutschland zu kämpfen, schloss sie sich der kommunistischen Jugend an, dem Arbeiterjugendverband (REM), und wurde Mitglied der Bulgarischen Kommunistischen Partei (BKP). Ihr Engagement und ihre Disziplin in der Partei führten dazu, dass sie zusammen mit 14 anderen der »Besten und Tapfersten« von der Parteiführung ausgewählt wurde, um eine klandestine Gruppe zu organisieren, die Anschläge auf die deutschen Besatzer verüben sollte.
Unter dem Kampfnamen »Ivanka« führte Yakova verschiedene Kommandos und Sabotageakte gegen die Logistik der Wehrmacht, gegen Fabriken, Tanklager und Eisenbahnen durch. Trotz stengster Konspiration der Widerstandskämpfer, die tagsüber einem normalen Arbeitsalltag nachgingen und nachts Anschläge im Auftrag der Partei unternahmen, sich untereinander nicht beim Klarnamen kannten und auch ihre Decknamen mehrfach wechselten, gerieten sie ins Visier der bulgarischen Polizei und der Fahnder der deutschen Wehrmacht.
Unter dem Kampfnamen »Ivanka« führte Yakova verschiedene Kommandos und Sabotageakte gegen die Logistik der Wehrmacht, gegen Fabriken, Tanklager und Eisenbahnen durch. Trotz stengster Konspiration der Widerstandskämpfer, die tagsüber einem normalen Arbeitsalltag nachgingen und nachts Anschläge im Auftrag der Partei unternahmen, sich untereinander nicht beim Klarnamen kannten und auch ihre Decknamen mehrfach wechselten, gerieten sie ins Visier der bulgarischen Polizei und der Fahnder der deutschen Wehrmacht.
Ihre bekannteste Tat beging »Ivanka« im Alter von 19 Jahren gemeinsam mit dem Partisanen Iwan Burudschiew. Mit zwei Schüssen auf den damaligen Kriegsminister und Vorsitzenden des antisemitischen Bundes der Bulgarischen Nationalen Legionen, Hristo Lukov, tötete sie am 13. Februar 1943 den damals wichtigsten Nazi-Kollaborateur. Er war unter anderem verantwortlich für die Deportation von mindestens 10000 Jüdinnen und Juden in das Vernichtungslager Treblinka. Auf die Ergreifung der beiden Attentäter wurden 300 000 Leva Belohnung ausgeschrieben. Am 3. Mai 1943 erschoss die Gruppe um Jakowa auch den Polizeichef und Vorsitzenden des Militärgerichts von Sofia, Atanas Pantew, der für seine rechtsnationale und prodeutsche Einstellung bekannt war.
Im realsozialistischen Bulgarien avancierte Jakova zu einer Ikone, ihre Geschichte wurde 1970 in dem Film »Schwarze Engel« des bekannten Autors und Regisseurs Valo Radev verfilmt. Die Kämpfe der Partisanen gegen die deutsche Okkupation wurden eingebettet in die große Erzählung vom historischen Freiheitskampf der bulgarischen Nation. Heute ist das Gedenken an Violeta Yakowa weitgehend verblasst. Nach 1990 begann man in Bulgarien wie in anderen osteuropäischen Staaten, alle Erinnerungen an Kommunisten und Kommunistinnen zu beseitigen. An Yakova erinnert heutzutage nur noch ein Denkmal in Radomir, südwestlich von Sofia. Dass sich eine neue Generation von Antifaschist*innen wieder mit dem Leben und Kampf der Widerstandskämpferin befasst, ist ausgerechnet dem sogenannten Lukov-Marsch zu verdanken, bei dem jedes Jahr hunderte Neonazis aus Europa dem bulgarischen NS-Kollaborateur huldigen.
Seit 2019 unterstützt die Kampagne »NS-Verherrlichung stoppen« die antifaschistischen Proteste gegen diesen alljährlichen Aufmarsch von Rechtsextremen. Die Sprecherin der 2004 gegen die Gedenkmärsche anlässlich des Todestages von HitlerStellvertreter Rudolf Hess im bayrischen Wunsiedel gegründeten Initiative, Mika Kuhnke, betont: »Mit dem Anschlag auf Lukov wurde der Verantwortliche für die Judenverfolgung in Bulgarien zur Verantwortung gezogen.« Es gelte, dies zu würdigen und positiv herauszustellen. »Gemeinsam mit unseren bulgarischen Genoss*innen stellen wir uns entschlossen gegen den Geschichtsrevisionismus, der jährlich in Sofia mit einem nationalistischen Fackelmarsch manifestiert werden soll.«
Bei den antifaschistischen Gegendemonstrationen zum Lukov-Marsch wurde in den vergangenen Jahren das Konterfei von Jakowa mitgeführt. Die Antifaschisten sehen sich deshalb nicht nur von Rechten, sondern auch von staatlichen Behörden angegriffen. So wurden 2020 zwei Mitglieder der Protestaktion von der Polizei vorgeladen und zu den von ihnen mitgeführten Transparenten vernommen. Die Polizei ging damit einer Anzeige der Organisatoren des Lukov-Marsches, der Bulgarischen Nationalunion (BNU), nach.
Dass faschistische Gruppen in Bulgarien die ermordete Widerstandskämpferin als eine »Terroristin« denunzieren, verwundert nicht. Als eine solche wird Yakowa aber auch in den von den bulgarischen Medien verbreiteten liberalen und konservativen Geschichtsdarstellungen verunglimpft, entsprechend der Totalitarismusthese, die rechts und links, Faschismus und Kommunismus gleichsetzt. Strategie der derzeit in Bulgarien Herrschenden ist es, Persönlichkeiten wie Violeta Jakowa posthum zu kriminalisieren und die Motive der Partisanen zu entpolitisieren.
Nach 1990 begann man in Bulgarien wie in anderen osteuropäischen Staaten, alle Erinnerungen an Kommunisten und Kommunistinnen zu beseitigen.